ANA1-33 Rosamunde Tecot 3

ANA1 Rosamunde
Kategorie: Story Autor: ANirgends

„Alo ilod“ sang Rosamunde fröhlich, während sie drei stumpfe Dolche um ihre Strohpuppe zu wickeln versuchte. Rosamunde war eine aufgeweckte Dreijährige. Die Tochter von Horst und Ute Tecot.
Die Tecots wohnten schon lange in Drowsbane – einer kleinen Stadt des früheren Königreichs Drowsbane, welches im Jahr 63.ANZ an Arca-Nihil überging, als dieses sein Umland neu ausrichtete (der König von Drowsbane bekam dafür ausreichend Mittel, um eine neue großartige Stadt „Pride of Sulassprynn“ zu gründen) – und betrieben an der Straße entlang des Burgberges einen kleinen, aber sehr bekannten Waffenhandel.
Über dem Eingang des Geschäftes hing ein Morgenstern, den angeblich Ichmi, der berühmte Zwerg, bei der Verteidigung von Drowsbane geschwungen hatte. Und innen drinnen gab es jede nur erdenkliche Hieb-, Stich- und Wurfwaffe in verschiedenen Größen und Qualitäten. Ein Freund von Horst war ein guter Waffenschmied und so wurden auch immer Waffen repariert und verbessert, bevor man sie zum Wiederverkauf anbot. Vor einigen Tagen hatte Horst einige Dutzend ausgemusterte Dolche von der siebten Legion erworben. Und da sie stumpf waren, durfte Rosamunde damit spielen, so lange sie nicht zum Waffenschmied kamen, um in neuem Glanz erstrahlt am Tresen zu landen.
„Hallo, mein liebes Schwesterchen“, murmelte Bilok abwesend, während er gewissenhaft Armbrustbolzen nach Armbrustbolzen in eine Schatulle einsortierte. Bilok war ein aufgeweckter Achtjähriger und immer in Bewegung. Neben seinem Bewegungsdrang stach noch sein kaufmännischer Sinn hervor. So hatte er doch einmal mit seinem Vater gewettet, er würde schneller den Kirschbaum vor dem Stadttor hinaufklettern, als sein Vater einen Apfel essen konnte. Und als er gewann, hielt sein Vater Wort und überließ dem Sohnemann ab diesem Tag das Geschäft mit der Munition im Laden. Darum machte Bilok mit damals sieben Jahren schon gute Geschäfte mit Armbrustbolzen, Pfeilen, Wurfspeeren und gelegentlich auch mit Pulversäckchen und Kugeln. Bilok war ein Naturtalent, sehr zum Leidwesen seiner kleinen Schwester, die ihren Bruder lieber als einfachen Spielgefährten, denn als Geschäftetreiber sah.
„Urmel is owigfoin“ murmelte Rosamunde und versuchte mit einem Dolch in den Fugen des Bodens die Murmel herauszukratzen. Da kam ein Schatten über sie und als das kleine Mädchen aufschaute, stand ein hünenhafter Mann in ungepflegter Lederrüstung und mit einem großen Schwert am Gürtel über ihr. Er schaute argwöhnisch nach unten.
„Na, kleine Dame, was hast du denn heute verloren?“, fragte der Hüne, beugte sich herunter und nahm Rosamunde mit einer Leichtigkeit in die Höhe, als wäre sie eine Feder. Rosamunde kicherte, als der Mann sie kitzelte und auf dem Tresen abstellte.
„Guten Tag Ute! Deine Tochter ist ja schon wieder ein grooßes Stück gewachsen.“
„Hallo Richard“, sagte Ute, die hinter dem Tresen saß und Lederriemen richtete.
„Schön, dass du wieder da bist. Wie wars am Meer?
„Hm. Kein Ort wo ich öfter sein möchte. Die Leute sind griesgrämig, das Essen ist salzig und ins Wasser darf man auch nicht gehen. Bin froh, dass es vorüber ist.“
„Hier sind die drei Breitschwerter, die ich mitbringen sollte.“
Richard schälte sich den alten, öligen Rucksack herunter, öffnete ihn behutsam, schob Rosamundes neugierige Händchen ein wenig zur Seite und brachte drei in Tücher gewickelte, leicht rostige Breitschwerter hervor.
„Gute Ware! Man muss sie nur ein wenig bearbeiten“ meinte Richard und Ute nickte zustimmend.
Rosamunde gluckste, ging ein paar ungelenke Schritte auf dem Tresen rückwärts, übersah dabei des Tresens Rand und purzelte in Biloks Federschachtel.
Die Federschachtel war für Bilok etwas ganz besonderes. In dieser waren viele ganz außerordentlich robuste, große Federn diverser Vögel, die er entweder selbst gesammelt oder am Markt gekauft hatte, um damit Pfeile und Bolzen neu zu befiedern, bevor er sie zum Verkauf anbot. Natürlich gefiel es ihm nun gar nicht, dass seine Schwester in der Schachtel lag, nach dem ersten Schrecken jauchzend die Federn durch die Luft wirbelte und etliche dabei beschädigte.
„Komm SOFORT da RAUS!“, brüllte Bilok mit hochrotem Kopf und riss mit ungnädiger Härte an Rosamundes linkem Arm, um sie möglichst schnell herauszuzerren.
“Nun mal halblang“ meinte Richard beschwichtigend und auch Ute redete beruhigend auf Bilok ein, nachdem sie sich vom Schrecken des Sturzes ihrer Tochter erholt hatte.
Rosamunde wimmerte und heulte, weil ihr der vom Bruder gezerrte Arm wehtat und wegen einer Beule, die sie sich beim abrupten ‚herausgezogen werden‘ geholt hatte. Bilok böse dachte das kleine Mädchen recht intensiv, wurde dabei ganz blass, ruhig und schaute mit leeren, tränengeröteten Augen die alte Armbrust an. Die Armbrust erwiderte den Blick, zuerst ein wenig ratlos, dann mit einem leichten hin und her schaukeln. Das leichte Schaukeln führte dazu, dass die etwas schräg an einem Wandregal aufgestellte Armbrust ins Rutschen kam und herunterfiel. Genau auf Biloks Kopf.

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