ANA2 Marjeka – Arbeit

ANA2
Kategorie: Story Autor: ANirgends

Tags darauf, am Zweitag, erreichte Marjeka früh am Morgen den alten Gorfantempel, begrüßte Saba und Bruder Tom, die bereits da waren und setzte sich auf die Bank im Schulungsraum, der eigentlich das Esszimmer des Tempels war und freute sich, dass Tom bereits eine Tasse Kaffee für sie auf den Tisch gestellt hatte. Es war zwar nur einfacher Malzkaffee, aber in diesem Kaff am Ende der Welt freute sie sich über jede kleine Annehmlichkeit. Ähnlich pragmatisch sah sie Bruder Toms Avancen ihr gegenüber. Sie hatte zwar absolut kein Interesse an ihm, aber das musste sie ihm ja nicht zeigen. Bruder Tom war eine wichtige Person auf diesem Eiland und das wollte sie zu ihren Gunsten nutzen. „Danke mein Lieber“, säuselte sie etwas übertrieben, aber bei Tom kam es gut an. Er flitzte in die Küche und holte Zimtschnecken, welche Saba vorher mitgebracht hatte. „Wie geht es Drack?“, fragte sie die Frau des Bürgermeisters, welche ganz Zwergin mit leichtem Bartwuchs gar nicht feminin wirkte. Bei der muss sich Drack vermutlich nie Sorgen in Bezug auf Treue und so machen, dachte Marjeka bei sich und lächelte Tom dabei ein wenig abwesend an. „Magst Du eine von Sabas Zimtschnecken?“, fragte dieser gerade, als auch Igor und Herr Mönich eintraten. Marjeka mochte diese morgendlichen Zusammenkünfte vor Arbeitsbeginn und nahm sich gleich zwei Zimtschnecken, nicht vergessend deren Geschmack bei Saba zu loben. „Auf geht’s“, sagte Tom, nachdem alle gegessen und getrunken hatten und schritt als erster die Kellerstiege hinunter. Der ganze, kleine Tempel war unterkellert, aber die Kellerräume waren relativ leer. Es standen ein paar Weinfässer und ein paar Säcke Gemüse herum. Ansonsten herrschten Spinnweben und Käfer in diesem dunklen Gewölbe. An einer verborgenen Stelle jedoch befand sich ein kleiner Schlüsselschalter, den Tom betätigte. Daraufhin begann sich eine äußere Steinwand zu drehen um den Eingang zum geheimen Labor zu öffnen. Alle bis auf Tom gingen hinein und Tom schloss den Zugang wieder von außen.

Früher hatte Marjeka das beunruhigt, aber seit sie wusste, dass es innen drin einen Notschalter zum Tür öffnen gab, war es ihr egal, dass sie jetzt unter der Erde eingeschlossen waren. Das Labor war für die Verhältnisse auf der Insel riesengroß. Der Raum war etwa quadratisch und maß circa sechs Meter auf jeder Seite. Die Decke war leicht kuppelförmig, am Rand zwei Meter und in der Mitte des Raumes vier Meter hoch. Das besondere Merkmal des Raumes war eine hünenhafte, etwa drei Meter hohe Steinstatue in der Mitte des Raumes. Es war Marjeka ein Rätsel, wie diese in einem Stück in den Raum geschafft worden war. Bruder Tom hatte ihr einmal in einer lauen Sommernacht, als sie ihn ein wenig ‚bearbeitet‘ hatte, eine recht fantastische Geschichte zur Statue erzählt. Der Nationalheld von Arca-Nihil, ein gewisser Kaine da Niwinski, habe, als er Arca-Nihil gründete, aus Stein und Lehm drei riesenhafte ‚Golems‘ geschaffen, die unbesiegbar waren und die Arca-Nihiler vor allen Gefahren zu schützen imstande waren. Einer dieser Golems sei die Steinstatue im Labor. Man habe ihn hergebracht, um das wertvolle Labor vor allen Gefahren zu schützen. Würde eine Bedrohung aufkommen, käme Leben in den Golem und er würde alles vernichten, was sich ihm in den Weg stellte, ging die Geschichte zu Ende. Ja, der liebe Bruder Tom ließ sich immer wieder was Besonderes einfallen, um seine Zuneigung zu unterstreichen, dachte Marjeka ein wenig geschmeichelt bei sich. Sei es wie es sei, die Statue war imposant und gab dem Labor etwas Besonderes. Ansonsten war der Raum für Marjeka mehr sowas wie die Garage eines Bastlers im Silicon Valley der Achtzigerjahre – es standen viele Tische herum voll mit Elektronik und Werkzeug. Weiters gab es mehrere Laptops, Nadeldrucker, jede Menge Disketten, CDs, DVDs, USB-Sticks und riesige Stapel leeres und bedrucktes Papier. Die Beleuchtung war elektrisch. Einfache Kohlefadenlampen angeschlossen an einem Energieblock. Der Energieblock war damals, als sie das Erste Mal herkamen, für Marjeka und Igor besonders interessant gewesen. Es gab auf Arca-Nihil eine Substanz ‚Paratechnikum‘ genannt, welche in Würfeln zu einem Kubikzentimeter als galvanisches Element verwendet wurde und das eine unglaubliche Energiedichte aufwies. Der Energieblock hatte in etwa die Größe eines Wasserkochers und lieferte schon seit sie hier ankamen ausreichend Energie für alle Apparaturen im Labor. Das war auch der Raum, in dem sie acht von zehn Tagen die Woche fünf bis acht Stunden verbrachten. Meist saßen sie dabei an den Notebooks und halfen Herrn Mönich und Saba dabei, Dokumente zu klassifizieren. Die zweitwichtigste Aufgabe dieses Labors war es, als bedeutsam bestimmte Dokumente auf Papier zu bringen. Dazu standen mehrere robuste Nadeldrucker bereit, die unermüdlich ratternd Zeile für Zeile, Bild für Bild, gesammeltes Wissen von der Erde aus dem digitalen Zustand in einen analogen zurück verwandelten. Die Übersetzung auf ANOS erfolgte nur zu einem geringen Teil durch Herrn Mönich und Bruder Tom. Normalerweise wurden die Ausdrucke in Kisten verpackt nach Arca-Nihil gesandt, um von den Gelehrten im Royal Lyceum, der großen Wissenswerkstatt von AN, übersetzt zu werden. Besonders Igor hatte hier noch einen weiteren Job – das Reparieren defekter Elektronikteile und den Service der Notebooks. Niemand auf AN konnte das so gut wie Igor und Marjeka. Darum waren sie unglaublich wertvoll für die ANKH. Das war den beiden bewusst. Der Tag verging wie viele andere vor ihm und die nächsten beiden Tage auch. Am Zweitag wurden hauptsächlich relevante Dokumente selektiert. Am Drei- und Viertag ratterten die Drucker ununterbrochen. Es mussten mehrere Farbbänder nachgefärbt werden, was mit AN-Mitteln tricky war, aber eine lange Lebensdauer der Drucker ermöglichte. Und Ersatzteile waren ja mehr als 34 Millionen Lichtjahre entfernt. Am Ende des Viertages setzte sich Marjeka neben Igor an dessen Schreibtisch. Er war gerade dabei Papier so zuzuschneiden, dass es in den Einzug des Druckers passte. Es gab zwar Papier auf AN, aber ein exaktes DIN A4 Format schien den Papiermachern hier schwerzufallen. „Wann treffen wir uns morgen?“, fragte sie ihn leise. „Nach dem Mittagessen, unten am Salz“, schlug Igor vor und Marjeka nickte. „Sollen wir eine Taschenlampe mitnehmen?“, fragte er, aber Marjeka winkte ab. „Falls das wer sieht, gibt es nur Ärger. Ich habe sechs Fackeln, das sollte reichen.“ „Ok!“, meinte Igor. „Wohl ist mir nicht bei der Sache, aber ich freue mich drauf etwas mit Dir gemeinsam zu unternehmen.“ Er grinste sie freundlich an und schnitt energisch durch den Stapel Papier, den er in Arbeit hatte. Damit war das Gespräch beendet.

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